FRANÇOIS CARRIER – MICHEL LAMBERT – JOHN EDWARDS Elements (FMR Records, FMRCD501):
Da werben Briten wie John Edwards ein lebenlang für Fredom Music als Exportschlager von der Insel, und dann sprechen die Brexiteers dem sowas von Hohn. Nun, sein Kontrabass wird, denke ich, deswegen nicht weniger allgegenwärtig sein, ob bei New Old Luten, The Runcible Quintet, Moholo-Moholo’s Five Blokes oder für wen immer er als Spielgefährte der Gefragteste seiner Zunft ist. Schon 2011 und 2014 ist er im Londoner The Vortex mit dem Quebecer Saxophonisten François Carrier und dem Drummer Michel Lambert, dessen untrennbarem Weggefährten, zusammengetroffen (mit noch Steve Beresford am Piano). Im Mai 2015 war er mit dabei im slovenischen Cerkno (wo ‘Wilderness’ entstand) und im Mai 2016 war er wieder in London zur Stelle (Ergebnis: ‘Elements’ und ‘Roar of Joy’). Wie er da den Bogen knurren und die Saiten plonken lässt – elementary! Lambert scheppert und tickelt dazu mit schrottigem Anarchospirit, Carrier löchert dazu die Luft mit akustischen Nonnenfürzen und quäkiger Sangeslust. Die animiert Edwards, noch schillernder zu jaulen, zu hauen, zu ploinken und tausendfingrig zu wuseln, um Carriers Feuereifer zu schüren, den Lambert mit klappriger Erratik schleudert. Fast wider Erwarten groovt es plötzlich doch, mit kurzen rhythmischen Strichen, aber schon auch sich dazu überschlagenden Tönen und wummrig knarrendem Gusto. Sonores trifft auf rotziges Röhren und rappeliges Remmidemmi, kleinlautes Picken auf perkussives Klimbim, flirrende Gestik und kakophone Glitches auf geharkte und geholzte Lambertistik. Unmöglich, das in Papier zu wickeln, es fängt zu brennen an, und ich weiß eh nicht, wie ich solchen freudentaumeligen Heidenspaß in Worte fassen soll. Kein Ton, der nicht Fünf grade sein lässt und stumpfes U mit krähender Kakophilie über-ixt. Was Edwards da pizzikato zwirbelt und wummert und mit dem Bogen schrummt, sagenhaft! Und wenn Carrier erst mit Oboe chinesisch tönt und dann mit dem Altosax seine Auffassung von schön und von wild expliziert, da kann mir der Rest der Welt im Mondschein begegnen. [BA 100 rbd]